Frankfurter Jahrbücher
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Frankfurter Jahrbuch 2020

Frankfurter Jahrbuch 2020

Es benötigte nur wenige Wochen, um das, was in Frankfurt über Jahrhunderte entstanden war, für immer auszulöschen. Das Antlitz von Frankfurt (Oder) ist bis heute von dem geprägt, was sich vor genau 75 Jahren ereignete. Die Sonderausstellung „Krieg und Frieden in Brandenburg. Frankfurt (Oder) 1945“, die wir im vorliegenden Band dokumentieren, lenkt den Blick jedoch nicht nur auf das Kriegsende selbst. Sie zeigt, dass die „Haupt- und Handelsstadt“ eine aktive Rolle dabei spielte, wenn es galt, die Macht der Nationalsozialisten zu etablieren und zu zelebrieren. Von hier strahlten Mord, Gewalt und Vernichtung in eine Region aus, die von der Fläche her mit dem heutigen Land Brandenburg durchaus vergleichbar war. Auch am Krieg hatte Frankfurt regen Anteil über die Soldaten seiner Garnisonen, als Umschlagplatz für Militärgüter, als Lazarettstandort und schließlich als Festung.

So liest es sich wie eine bittere Ironie, die auch in der hier publizierten Chronik deutlich wird, dass es am Ende nicht so sehr Kämpfe und Kriegsereignisse selbst sind, die zur Zerstörung der Stadt führen, sondern Brandstiftungen, die Abwesenheit von Feuerwehr und Löschwasser sowie Plünderungen und die im Krieg geschürte Wut der Sieger. Sie traf nicht selten vor Ort auf eine Weise Unschuldige und Wehrlose, wie es umgekehrt im Osten in noch größerem Maßstab der Fall war, wenn Wehrmacht und Einsatzgruppen Städte und Dörfer besetzten.

Im Frieden wird Frankfurt geteilt, wird zur Grenzstadt. Menschen, die sich häufig am Limit ihrer physischen Existenz bewegen, durchströmen Frankfurt: Zwangsarbeiter, Soldaten, Flüchtlinge, Vertriebene, politische Häftlinge, Kriegsgefangene und vor allem Heimkehrer, die nach der Kapitulation zu Hunderttausenden in Frankfurt (Oder) in die Freiheit entlassen werden. Die Stadt ist übersät von Lazaretten, wo den Menschen unter katastrophalen Bedingungen geholfen wird. Für Tausende kommt indes jede Hilfe zu spät. Gleichzeitig muss ein Neuanfang versucht werden. Als die Stadt 1953 ihr 700jähriges Bestehen feiert, beleuchtet das Feuerwerk im Zentrum eine Geisterstadt. Bis heute ist Frankfurt auf der Suche nach seinem Gesicht. Die Menschen leben hier den Nachbarn zugewandt an einer Stelle, wo Europa zusammenwächst.

Das Ausstellungsprojekt hat Hilfe von vielen Kooperationspartnern erfahren: Dem Stadtarchiv Frankfurt (Oder); dem Historischen Verein zu Frankfurt (Oder); der Europa-Universität Viadrina mit ihrem Lehrstuhl für Kultur und Geschichte Mittel- und Osteuropas (Prof. Dr. Werner Benecke); Prof. Dr. Vladimir Vsevolodov, Moskau; dem deutschen Kulturforum östliches Europa e.V.; dem Institut für angewandte Geschichte – Gesellschaft und Wissenschaft im Dialog e.V. und sie wurde finanziell gefördert von der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gemeinnützige GmbH Kulturland Brandenburg. Sehr herzlich bedanken wollen wir uns an dieser Stelle auch bei Wolfgang Buwert, dem großen Kenner der Frankfurter Kriegs- und Nachkriegsgeschichte, für seine stets genaue und kritische Begleitung, die inhaltliche Mitarbeit und die Leihgaben, die er uns zur Verfügung gestellt hat.

 

Inhaltsverzeichnis

Martin Schieck, Konrad Tschäpe, Wolfgang Buwert, Werner Benecke: Dokumentation zur Sonderausstellung „Krieg und Frieden in Brandenburg. Frankfurt (Oder) 1945“ im Museum Viadrina

Wolfgang Buwert, Martin Schieck, Konrad Tschäpe: Frankfurt am Ende des Zweiten Weltkriegs. Chronologie, Tagebuchaufzeichnungen, Kalendernotizen und Berichte, Januar - Juni 1945

Wolfgang Buwert: Ausgewählte Aspekte zur Geschichte Frankfurts im Zweiten Weltkrieg

 

ISBN 978-3-9814739-6-4

Preis: 14,00 €

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